1Ach, wie taucht in seinem Zorn der Herr (Alef) ins Wolkenschwarz die Tochter Zion. Vom Himmel zur Erde gestürzt hat er die Zierde Israels, und des Schemels seiner Füsse hat er nicht gedacht am Tag seines Zorns. (1Chr 28,2; Kla 3,43; Kla 4,11)2Verschlungen hat der Herr - ohne Mitleid - (Bet) alle Weideplätze Jakobs, niedergerissen hat er in seiner Wut die befestigten Städte der Tochter Juda, er hat sie zu Boden geschleudert. Das Königreich hat er entweiht und dessen Fürsten. (Kla 2,21; Kla 3,43)3Abgeschlagen hat er in glühendem Zorn (Gimel) jedes Horn Israels, seine rechte Hand hat er zurückgezogen, im Angesicht des Feindes. Und in Jakob hat er gebrannt wie das Feuer einer Flamme, die ringsum gefressen hat. (Ps 74,11)4Wie ein Feind hat er seinen Bogen gespannt, (Dalet) wie ein Gegner hat er sich aufgestellt mit seiner erhobenen Rechten, und alles hat er umgebracht, was dem Auge kostbar war. Im Zelt der Tochter Zion hat er seinen Zorn ausgegossen wie Feuer. (Hi 19,11; Jer 21,5; Kla 3,12)5Der Herr war wie ein Feind, Israel hat er verschlungen, (He) all ihre Paläste hat er verschlungen, seine befestigten Städte hat er zerstört, und in der Tochter Juda hat er Traurigkeit und Trauer gross gemacht. (Kla 5,15)6Und seine Hütte hat er verwüstet wie einen Garten, (Waw) seine Festversammlung hat er vernichtet. Vergessen machte der HERR in Zion Fest und Sabbat, und in seinem wütenden Zorn hat er König und Priester verschmäht. (Jer 1,4; Jer 45,4; Hos 2,13)7Seinen Altar hat der Herr verstossen, (Sajin) sein Heiligtum hat er verworfen; die Mauern ihrer Paläste hat er preisgegeben der Hand des Feindes. Im Haus des HERRN hat man gelärmt wie am Tag des Fests. (Ps 74,4; Jer 12,7; Hes 24,21)8Der HERR hat geplant, (Chet) die Mauer der Tochter Zion zu zerstören. Er hat die Messschnur angelegt, hat seine Hand nicht davon abgehalten, wegzureissen[1]. Und Heer und Mauer hat er in Trauer gestürzt, zusammen sind sie dahingeschwunden. (2Kön 21,13; Jes 22,5)9In die Erde eingesunken sind ihre Tore, (Tet) ihre Riegel hat er zerstört und zerbrochen. Ihr König und ihre Fürsten sind unter den Nationen. Es gibt keine Weisung! Auch haben ihre Propheten keine Schauung empfangen vom HERRN. (2Chr 15,3; Jes 24,12)10Die Ältesten der Tochter Zion sitzen auf der Erde, sie schweigen, (Jod) auf ihr Haupt haben sie Staub gestreut, Trauergewänder haben sie umgürtet. Die Jungfrauen von Jerusalem haben ihr Haupt zur Erde gesenkt. (Jes 15,3; Jer 6,26)11In Tränen sind meine Augen erloschen, (Kaf) mein Inneres steht in Flammen, meine Leber hat sich auf die Erde ergossen denn die Tochter meines Volks ist zusammengebrochen, als Kind und Säugling verschmachteten auf den Plätzen der Stadt. (Kla 1,16; Kla 1,20; Kla 2,19; Kla 3,48; Kla 4,4)12Zu ihren Müttern sagen sie: (Lamed) Wo sind Getreide und Wein?, während sie wie Verwundete verschmachten auf den Plätzen der Stadt, während sich ihr Leben verflüchtigt im Schoss ihrer Mütter. (Kla 1,11)13Was soll ich dir bezeugen, womit dich vergleichen, (Mem) Tochter Jerusalem, wem dich gleichstellen, um dich zu trösten, Jungfrau, Tochter Zion? Denn gewaltig wie das Meer ist dein Zusammenbruch! Wer könnte dich heilen? (Jer 30,13; Kla 3,47)14Deine Propheten haben für dich (Nun) Lüge und Tünche geschaut. Deine Schuld aber haben sie nicht aufgedeckt, so dass sie dein Geschick hätten wenden können. Und sie schauten für dich Aussprüche, die verlogen waren und zur Verstossung führten. (Hes 13,10)15Alle, die des Wegs ziehen, (Samech) schlagen die Hände zusammen über dich, sie zischen und schütteln ihren Kopf über die Tochter Jerusalem: Ist das die Stadt, von der man sagt: Vollkommene Schönheit! Eine Wonne für die ganze Welt! (Ps 48,3; Jer 18,16; Hes 16,14)16Alle deine Feinde haben ihr Maul aufgerissen über dich, (Pe) sie haben gezischt und mit den Zähnen geknirscht, sie sagten: Wir haben verschlungen! Ja, dies ist der Tag, auf den wir gehofft haben, wir haben ihn erlebt, wir haben es gesehen! (Jer 51,34; Kla 3,46)17Der HERR hat ausgeführt, was er geplant hat, (Ajin) sein Wort hat er erfüllt, was er angeordnet hat seit den Tagen der Vorzeit: Er hat niedergerissen, und er hatte kein Mitleid! Und den Feind hat er sich freuen lassen über dich, das Horn deiner Gegner hat er erhöht. (Jer 1,5; Jer 51,12)18Ihr Herz schrie zum Herrn! (Zade) Du, Mauer der Tochter Zion, lass deine Tränen fliessen wie einen Fluss bei Tag und in der Nacht, gönne dir keine Ruhe, dein Augapfel stehe nicht still. (Kla 1,2)19Auf, wimmere in der Nacht, (Qof) zu Beginn der Nachtwachen, schütte dein Herz aus wie Wasser vor dem Angesicht des Herrn. Zu ihm erhebe deine Hände um des Lebens deiner Jüngsten willen, die vor Hunger verschmachten an allen Strassenenden. (Ps 62,9; Ps 62,11)20Schau, HERR, und sieh doch, (Resch) mit wem du so verfahren bist! Sollen denn Frauen ihre Leibesfrucht essen, die gesund geborenen Jüngsten? Sollen denn Priester und Prophet umgebracht werden im Heiligtum des Herrn? (Kla 4,10)21Auf dem Boden, auf den Strassen liegen Junge und Alte, (Schin) meine jungen Frauen und Männer sind gefallen durch das Schwert! Du hast sie umgebracht am Tag deiner Wut, hast sie abgeschlachtet, ohne Mitleid! (Kla 1,15; Kla 3,43)22Wie am Festtag hast du von ringsum herbeigerufen, (Taw) wovor mir graute, und es gab keinen Geretteten und keinen Entkommenen am Tag des Zorns des HERRN. Die ich gesund geboren und grossgezogen habe, ihnen hat mein Feind ein Ende bereitet! (Kla 4,11; Hos 9,12)
Klagelieder 2
Lutherbibel 2017
Klage über die Verwüstung Judas und Jerusalems
1Ach, wie hat der Herr die Tochter Zion mit seinem Zorn überschüttet! Er hat die Herrlichkeit Israels vom Himmel auf die Erde geworfen; er hat nicht gedacht an seinen Fußschemel am Tage seines Zorns. (Ps 132,7)2Der Herr hat alle Wohnungen Jakobs ohne Erbarmen vertilgt, er hat die Burgen der Tochter Juda abgebrochen in seinem Grimm, er hat zu Boden gestreckt und entweiht ihr Königreich und ihre Fürsten.3Er hat alle Macht Israels in seinem grimmigen Zorn zerbrochen, er hat seine rechte Hand zurückgezogen, als der Feind kam, und hat in Jakob gewütet wie ein flammendes Feuer, das alles ringsum verzehrt.4Er hat seinen Bogen gespannt wie ein Feind; seine rechte Hand hat er geführt wie ein Widersacher und hat alles getötet, was lieblich anzusehen war; im Zelt der Tochter Zion hat er seinen Grimm wie Feuer ausgeschüttet.5Der Herr ist wie ein Feind geworden, er hat Israel vertilgt. Er hat zerstört alle Paläste und hat die Burgen vernichtet; er hat der Tochter Juda viel Jammer und Leid gebracht.6Er hat sein eigenes Zelt zerwühlt wie einen Garten und seine Wohnung vernichtet. Der HERR hat in Zion Feiertag und Sabbat vergessen lassen, und in seinem grimmigen Zorn ließ er König und Priester schänden. (Kla 5,12; Hos 2,13)7Der Herr hat seinen Altar verworfen und sein Heiligtum entweiht. Er hat die Mauern ihrer Paläste in des Feindes Hände gegeben, dass sie im Hause des HERRN Geschrei erhoben haben wie an einem Feiertag.8Der HERR gedachte zu vernichten die Mauer der Tochter Zion; er hat die Messschnur über die Mauern gezogen und seine Hand nicht abgewendet, bis er sie vertilgte. Er ließ Mauer und Wall trauern und miteinander fallen. (2Kön 21,13)9Ihre Tore sind tief in die Erde gesunken; er hat ihre Riegel zerbrochen und zunichtegemacht. Ihr König und ihre Fürsten sind unter den Völkern, wo sie das Gesetz nicht üben können, und ihre Propheten haben keine Gesichte vom HERRN.10Die Ältesten der Tochter Zion sitzen auf der Erde und sind still, sie werfen Staub auf ihre Häupter und haben den Sack angezogen. Die Jungfrauen von Jerusalem senken ihre Köpfe zur Erde.11Ich habe mir fast die Augen ausgeweint, mein Leib tut mir weh, mein Herz ist auf die Erde ausgeschüttet über dem Jammer der Tochter meines Volks, weil die Säuglinge und Unmündigen auf den Gassen in der Stadt verschmachten.12Zu ihren Müttern sprechen sie: Wo ist Brot und Wein?, da sie auf den Gassen in der Stadt verschmachten wie die tödlich Verwundeten und in den Armen ihrer Mütter den Geist aufgeben.13Ach, du Tochter Jerusalem, wem soll ich dich vergleichen und wie soll ich dir zureden? Du Jungfrau, Tochter Zion, wem soll ich dich vergleichen, damit ich dich tröste? Denn dein Schaden ist groß wie das Meer. Wer kann dich heilen?14Deine Propheten haben dir trügerische und törichte Gesichte verkündet und dir deine Schuld nicht offenbart, wodurch sie dein Geschick abgewandt hätten, sondern sie haben dich Worte hören lassen, die Trug waren und dich verführten. (Jer 14,14; Jer 23,16)15Alle, die vorübergehen, klatschen in die Hände, pfeifen und schütteln den Kopf über die Tochter Jerusalem: Ist das die Stadt, von der man sagte, sie sei die allerschönste, an der sich alles Land freut? (Ps 48,3; Hes 16,14)16Alle deine Feinde reißen ihr Maul auf über dich, pfeifen und knirschen mit den Zähnen und sprechen: »Ha! Wir haben sie vertilgt! Das ist der Tag, den wir begehrt haben; wir haben’s erlangt, wir haben’s erlebt.«17Der HERR hat getan, was er vorhatte; er hat sein Wort erfüllt, das er längst zuvor geboten hat. Er hat ohne Erbarmen zerstört, er hat den Feind über dich frohlocken lassen und hat die Macht deiner Widersacher erhöht.18Ihr Herz schrie zum Herrn: »Ach, du Mauer der Tochter Zion!« Lass Tag und Nacht Tränen herabfließen wie einen Bach; höre nicht auf, und dein Augapfel lasse nicht ab!19Steh des Nachts auf und schreie zu Beginn jeder Nachtwache, schütte dein Herz aus vor dem Herrn wie Wasser. Hebe deine Hände zu ihm auf um des Lebens deiner jungen Kinder willen, die vor Hunger verschmachten an allen Straßenecken!20HERR, schaue und sieh doch, wen du so verderbt hast! Sollen denn die Frauen ihres Leibes Frucht essen, die Kindlein, die man auf Händen trägt? Sollen denn Propheten und Priester in dem Heiligtum des Herrn erschlagen werden? (5Mo 28,53; Jer 19,9)21Es lagen in den Gassen auf der Erde Knaben und Alte; meine Jungfrauen und Jünglinge sind durchs Schwert gefallen. Du hast getötet am Tage deines Zorns, du hast ohne Erbarmen geschlachtet.22Du hast von allen Seiten her meine Feinde gerufen wie zu einem Feiertag, sodass niemand am Tage des Zorns des HERRN entronnen und übrig geblieben ist. Die ich auf den Händen getragen und großgezogen habe, die hat der Feind umgebracht.