Prophet

Wörterbuch: Sacherklärungen der Gute Nachricht Bibel

(Prophetin) (1) Prophetie in Israel: Nach unserem Sprachgebrauch ist ein Prophet jemand, der die Zukunft kennt. Das Wesentliche beim biblischen Prophetentum liegt jedoch nicht in der Zukunftsschau. Der Prophet ist ein Mensch, den Gott (oder der Geist Gottes) zu seinem Sprecher gemacht hat. Die Propheten verkünden dem Volk Gottes oder Einzelnen aus diesem Volk, besonders den führenden Kreisen, was Gott ihnen in einer bestimmten Situation zu sagen hat. Das kann Mahnung, Gerichtsdrohung, aber auch Trost und Ermutigung sein. In der Frühzeit Israels war das Prophetentum mit ekstatischen Erscheinungen verbunden. Der Geist ergriff vom Propheten Besitz wie eine fremde Macht, die über ihn kam (1Sam 10,5-6.10-12). Bezeichnend für diese Stufe ist auch, dass die Propheten in der Regel kollektiv auftraten (Prophetengemeinschaft). In der Königszeit Israels traten neben dem fortbestehenden Prophetentum der älteren Art Propheten auf, die über diesen Rahmen weit hinauswuchsen. Als Einzelne, die Gott berufen hatte, prangerten sie die herrschenden Zustände an. Sie maßen die Verhältnisse der Gegenwart und das Verhalten der Verantwortlichen am Rechtswillen Gottes, wie er im Gesetz gegeben war. Ebenso unerbittlich prangerten sie die Entartung des Glaubens (Baal) und des Gottesdienstes an. Und sie sahen die nationale Katastrophe kommen, die durch das Verhalten des Volkes und seiner Führer unweigerlich herbeigerufen werden musste (Exil). Aber auch die neue Zukunft, die dem Volk danach noch einmal geschenkt werden soll, wird von den Propheten angekündigt. Sie wird geschaut im Bild eines umfassenden Friedens, der auch die anderen Völker umgreift und teilweise mit der Gestalt eines Friedensbringers verknüpft ist (Messias). Die Propheten richteten ihre Botschaft in der Regel mündlich aus; erst später wurden ihre Worte (zum Teil von ihnen selbst) aufgeschrieben. Die großen Propheten des 8. bis 6. Jahrhunderts v.Chr. standen oft in heftiger Auseinandersetzung mit dem Berufsprophetentum, das sich sowohl am Jerusalemer Tempel als auch in Bet-El, dem Reichsheiligtum Nordisraels, herausgebildet hatte. Propheten dieser Art verkündeten in der Regel eher das, was dem Volk, insbesondere dem König, gefiel und was ihnen selbst Gewinn brachte (vgl. 1Kön 20,10-13; Am 7,14). Mit solchen Propheten müssen sich die »echten« Propheten des Öfteren auseinander setzen (Jes 28,7; Jer 6,13-15; 23,9-32; 28,1-17; Ez 13,1-16). (2) Jesus als Prophet: Die Frage, wer Jesus ist, hat nicht nur seine Jünger beschäftigt. Jesus steht beim Volk im Ansehen eines Propheten (vgl. Mt 21,11.46; Lk 7,16; 24,19; Joh 4,19). Die Leute meinen, in ihm sei einer der großen alttestamentlichen Propheten wiedererstanden (Mk 8,28) oder sogar »der Prophet« erschienen, den Mose in Dtn 18,15.18 - nach dem frühjüdischen Verständnis dieser Stelle - angekündigt hatte (Joh 6,14; 7,40). Die letztere Auffassung wird von der nachösterlichen Gemeinde ausdrücklich geteilt (Apg 3,22-23; 7,37). (3) Prophetie im frühen Christentum: In den ersten christlichen Gemeinden ist »Prophetie« eine Gabe des Heiligen Geistes neben anderen Geistesgaben. Der Prophet verkündet, was Gott ihm offenbart hat (1Kor 14,26-32). Zur prophetischen Rede können Weissagungen für die Zukunft gehören (Apg 11,27-28; Offb 1,1-2); die neutestamentlichen Propheten haben aber vor allem die Aufgabe, die gegenwärtige Lage im Licht des Willens Gottes zu beleuchten, der Gemeinde Weisungen ihres Herrn zu übermitteln und sie zu ermutigen und zu trösten. Paulus gibt der prophetischen Rede den Vorrang vor der Rede in unbekannten Sprachen, weil der Prophet mit verständlichen Worten redet und dem Aufbau der Gemeinde dient (1Kor 12-14). Gleichwohl soll auch die prophetische Rede von der Gemeinde geprüft werden (1Thess 5,20-21). Dies gilt insbesondere im Blick auf die Gefahr, die von falschen Propheten ausgeht (Mt 7,15; 24,11.24; 1Joh 4,1; Offb 2,20). In der frühen Kirche waren Apostel, Propheten und Lehrer die wichtigsten Träger der Verkündigung der Guten Nachricht von Jesus Christus (1Kor 12,28; Eph 4,11-12; 2,20; vgl. auch Mt 23,34).