1Früh am nächsten Morgen traten die obersten Priester, führende Männer des Volkes und Schriftgelehrte – der gesamte Hohe Rat[1] – zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Sie fesselten Jesus und brachten ihn zu Pilatus, dem römischen Statthalter. (Mt 27,1; Lk 23,1; Joh 18,28)2Pilatus fragte Jesus: »Bist du der König der Juden?« Jesus erwiderte: »Ja, es ist, wie du sagst.«3Daraufhin legten die obersten Priester Jesus zahlreiche Verbrechen zur Last.4Pilatus fragte ihn: »Hast du nichts dazu zu sagen? Siehst du nicht, was sie alles gegen dich vorbringen?«5Doch zum großen Erstaunen von Pilatus schwieg Jesus. (Jes 53,7; Mk 14,60; Lk 23,9)6Nun war es Brauch, dass der Statthalter jedes Jahr zum Passahfest einen Gefangenen freiließ, den das Volk selbst bestimmen durfte.7Einer der Gefangenen zu dieser Zeit war Barabbas, der bei einem Aufstand zusammen mit anderen des Mordes überführt worden war.8Eine große Menschenmenge bedrängte nun Pilatus und bat ihn, wie üblich einen Gefangenen freizulassen.9»Soll ich euch den König der Juden freilassen?«, fragte Pilatus.10Denn Pilatus erkannte, dass die obersten Priester Jesus nur aus Neid verhaftet hatten.11Doch nun hetzten die obersten Priester das Volk dazu auf, die Freilassung von Barabbas statt von Jesus zu fordern. (Apg 3,14)12»Wenn ich Barabbas freilasse«, fragte Pilatus sie, »was soll ich dann mit diesem Mann tun, den ihr den König der Juden nennt?«13Sie schrien: »Kreuzige ihn!«14»Warum?«, fragte Pilatus. »Was hat er denn verbrochen?« Aber die Menge schrie nur noch lauter: »Kreuzige ihn!«15Da ließ Pilatus, weil er dem Volk gefallen wollte, Barabbas frei. Er ließ Jesus auspeitschen und übergab ihn dann den römischen Soldaten zur Kreuzigung. (Jes 53,6)
Die Soldaten verspotten Jesus
16Die Soldaten brachten Jesus in das Prätorium, den Palast[2] des römischen Statthalters, und riefen alle anderen Soldaten zusammen.17Sie zogen ihm ein purpurfarbenes Gewand an und setzten ihm eine geflochtene Dornenkrone auf den Kopf.18Dann salutierten sie und riefen: »Sei gegrüßt, König der Juden!«19Und sie schlugen ihn mit einem Stock auf den Kopf, spuckten ihn an und knieten nieder und huldigten ihm.20Als sie genug davon hatten, ihn zu verspotten, zogen sie ihm das Purpurgewand wieder aus und zogen ihm seine eigenen Kleider an. Dann führten sie ihn ab, um ihn zu kreuzigen.
Die Kreuzigung
21Ein Mann – er hieß Simon und stammte aus Kyrene[3] –, kam gerade von den Feldern zurück. Ihn zwangen sie, für Jesus das Kreuz zu tragen. (Simon ist der Vater von Alexander und Rufus.)22Sie brachten Jesus an einen Ort, der Golgatha heißt, das bedeutet »Schädelstätte«.23Dort wollten sie ihm Wein geben, der mit Myrrhe vermischt war[4], aber er nahm ihn nicht. (Ps 69,22)24Dann nagelten sie ihn ans Kreuz. Sie verlosten seine Kleider, indem sie darum würfelten[5], was jeder bekommen sollte. (Ps 22,19)25Es war neun Uhr morgens, als sie ihn kreuzigten. (Joh 19,14)26Über seinem Kopf wurde ein Schild am Kreuz befestigt, auf dem stand, wofür er angeklagt worden war. Die Aufschrift lautete: »König der Juden«.27-28Zusammen mit ihm wurden zwei Verbrecher gekreuzigt; ihre Kreuze standen rechts und links von ihm.[6]29Die Leute, die vorbeigingen, schüttelten den Kopf und verspotteten ihn: »Ha! Du kannst doch den Tempel zerstören und in drei Tagen wieder aufbauen, oder? (Ps 22,8; Ps 109,2; Mk 14,58; Joh 2,19)30Nun, dann rette dich doch selbst und steig vom Kreuz herab!«31Auch die obersten Priester und Schriftgelehrten machten sich über Jesus lustig. »Andere hat er gerettet«, lästerten sie, »aber sich selbst kann er nicht helfen!32Dieser Christus, dieser König Israels, soll er doch vom Kreuz heruntersteigen, sodass wir es sehen und ihm glauben können!« Selbst die beiden Verbrecher, die mit Jesus zusammen gekreuzigt wurden, verhöhnten ihn. (Zef 3,15)
Jesus stirbt
33Gegen Mittag legte sich eine Finsternis über das ganze Land, die drei Stunden anhielt.34Dann, um drei Uhr, rief Jesus mit lauter Stimme: »Eli, Eli, lama asabtani?«, das bedeutet: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«[7] (Ps 22,2)35Einige von den Leuten, die dabeistanden, verstanden ihn falsch und dachten, er rufe den Propheten Elia.36Einer von ihnen aber lief, tränkte einen Schwamm mit Weinessig, steckte ihn auf einen Stab und hielt ihn Jesus hin, damit er davon trinken konnte. »Wartet. Wir wollen sehen, ob Elia wirklich kommt und ihn herunterholt!«, sagte er. (Ps 69,22)37Da schrie Jesus laut auf und starb[8].38In diesem Augenblick riss der Vorhang im Tempel von oben nach unten entzwei. (2Mo 26,31; Hebr 10,19)39Der römische Hauptmann, der dem Kreuz gegenüberstand und mit angesehen hatte, wie Jesus gestorben war, rief aus: »Ja, dieser Mann war wirklich Gottes Sohn!«40Es waren auch einige Frauen da, die aus einiger Entfernung zusahen, unter ihnen waren Maria von Magdala, Maria (die Mutter von Jakobus dem Jüngeren und von Josef[9]) und Salome. (Lk 8,2)41Sie waren schon in Galiläa bei Jesus gewesen und hatten für ihn gesorgt. Danach waren sie und viele andere Frauen zusammen mit ihm nach Jerusalem gegangen.
Jesus wird begraben
42Dies ereignete sich alles an einem Freitag, dem Rüsttag[10], das ist der Tag vor dem Sabbat. Als es Abend wurde,43fasste Josef von Arimathäa, ein angesehenes Mitglied des Hohen Rates, Mut und ging zu Pilatus, um ihn um den Leichnam von Jesus zu bitten. Josef war einer von denen, die auf das Kommen des Reiches Gottes warteten. (Lk 2,25)44Pilatus konnte nicht glauben, dass Jesus schon tot war, deshalb ließ er den verantwortlichen römischen Hauptmann rufen und fragte ihn.45Der Hauptmann bestätigte den Tod, und Pilatus überließ Josef den Leichnam.46Josef kaufte ein langes Leinentuch, nahm den Leichnam vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das aus dem Felsen gehauen war. Dann wälzte er einen Stein vor den Eingang. (Apg 13,29)47Maria von Magdala und Maria, die Mutter von Josef, beobachteten, wohin der Leichnam von Jesus gelegt wurde.