1David floh aus Najot in Rama und traf sich mit Jonatan. »Was habe ich getan?«, rief er. »Was habe ich verbrochen? Womit habe ich deinen Vater beleidigt, dass er versucht, mich zu töten?« (1Sam 24,10)2»Das ist nicht wahr«, protestierte Jonatan. »Du wirst nicht sterben. Er erzählt mir immer alles, was er vorhat, Wichtiges und Unwichtiges. Ich weiß, dass er mir so etwas nicht verschweigen würde. Es ist einfach nicht wahr!«3Da schwor David vor Jonatan einen Eid und sagte: »Dein Vater weiß genau um unsere Freundschaft, deshalb hat er sich gesagt: ›Jonatan darf nichts davon erfahren, sonst macht ihn das traurig.‹ Aber ich schwöre dir, ich bin nur einen einzigen Schritt vom Tod entfernt! Ich schwöre es, so wahr der HERR lebt und so wahr du lebst!« (5Mo 6,13; 2Kön 2,6)4»Sag mir, was ich für dich tun soll«, rief Jonatan.5David antwortete: »Morgen ist Neumondstag. Da sollte ich eigentlich am königlichen Festessen teilnehmen, doch morgen werde ich mich bis zum Abend des dritten Tages auf dem Feld verstecken. (4Mo 10,10; 4Mo 28,11; 1Sam 19,2)6Wenn dein Vater fragt, wo ich bin, dann sag zu ihm: ›David hat mich um Erlaubnis gebeten, heim nach Bethlehem zu gehen, um dort mit seiner Familie das jährliche Opfer darzubringen.‹ (1Sam 16,2; 1Sam 17,58)7Wenn er sagt: ›Es ist gut‹, dann weißt du, dass alles in Ordnung ist. Wenn er jedoch zornig wird, dann wirst du wissen, dass er mich umbringen will. (1Sam 25,17)8Ich bitte dich, tu mir diesen Gefallen. Denk doch an den Freundschaftsbund, den du mit mir vor dem HERRN geschlossen hast. Doch wenn ich an deinem Vater schuldig geworden bin, dann töte du mich. Aber bitte, verrate mich nicht an ihn!« (1Sam 18,1; 2Sam 1,26; 2Sam 14,23)9»Niemals!«, rief Jonatan. »Du weißt, wenn ich merken würde, dass mein Vater dich umbringen will, würde ich es dir sofort sagen.«10Dann fragte David: »Wie kann ich erfahren, ob dein Vater zornig geworden ist?«11»Komm mit mir aufs Feld hinaus«, antwortete Jonatan. Und sie gingen zusammen hinaus.12Dann sagte Jonatan zu David: »Ich verspreche beim HERRN, dem Gott Israels, dass ich morgen oder übermorgen um diese Zeit mit meinem Vater sprechen werde, um herauszufinden, was er über dich denkt. Wenn er wohlwollend über dich spricht, und ich es dich nicht wissen lasse,13dann soll der HERR mich dafür bestrafen. Wenn er jedoch zornig ist und dich tot sehen will, dann will ich dich warnen, damit du dich in Sicherheit bringen kannst. Der HERR sei mit dir, wie er mit meinem Vater gewesen ist. (Rut 1,17; 1Sam 3,17; 1Sam 14,44; 1Sam 18,11; 1Chr 28,20)14Und begegne mir, solange ich lebe, mit der treuen Liebe des HERRN, damit ich nicht sterbe.15Und halte auch meiner Familie diese Treue, selbst wenn der HERR alle deine Feinde vernichtet.« (2Sam 9,1)16So schloss Jonatan einen Bund mit David[1] und sagte: »Der HERR soll alle deine Feinde vernichten!«[2]17Und Jonatan ließ auch David bei seiner Liebe zu ihm schwören, denn Jonatan liebte David wie sein eigenes Leben.18Danach sagte Jonatan: »Morgen ist Neumondstag. Man wird dich vermissen, wenn dein Platz am Tisch leer bleibt.19Geh übermorgen an den Ort, an dem du dich schon einmal versteckt hast, und warte dort beim Steinhaufen[3].20Ich werde drei Pfeile in diese Richtung schießen, als übte ich ein bestimmtes Ziel zu treffen.21Dann werde ich einen Jungen schicken, der die Pfeile holen soll. Wenn du mich zu ihm sagen hörst: ›Sie sind auf dieser Seite‹, dann wirst du wissen, so wahr der HERR lebt, dass alles in Ordnung ist und es keinen Grund zur Beunruhigung gibt.22Wenn ich jedoch zu dem Junge sage: ›Geh noch weiter – die Pfeile sind noch ein Stückchen weiter vorn‹, dann bedeutet das, dass du fliehen musst, denn der HERR schickt dich fort.23Und nun lass uns das halten, was wir uns gegenseitig versprochen haben. Der HERR ist unser Zeuge.« (1Mo 31,49)24Also verbarg David sich auf dem Feld. Am Neumondstag setzte sich der König zum Festmahl an die Tafel.25Er setzte sich auf seinen üblichen Platz an der Wand. Abner saß neben ihm und Jonatan ihm gegenüber[4]. Doch Davids Platz blieb leer.26An diesem Tag sagte Saul nichts dazu, denn er dachte: »Irgendetwas ist geschehen und David kann den Reinheitsgesetzen nicht genügen. Das ist sicher der Grund dafür, dass er nicht hier ist.« (3Mo 7,20; 1Sam 16,5)27Doch als Davids Platz auch am nächsten Tag leer blieb, fragte Saul seinen Sohn Jonatan: »Warum ist der Sohn Isais weder gestern noch heute beim Essen erschienen?«28Jonatan antwortete: »David hat mich gebeten, ihn nach Bethlehem gehen zu lassen. (1Sam 20,6)29Er sagte: ›Lass mich doch gehen, denn wir feiern das Opferfest unserer Familie in der Stadt, und mein Bruder verlangt, dass ich kommen soll. Wenn du mir Gutes tun willst, dann lass mich gehen, damit ich meine Brüder sehen kann.‹ Deshalb ist er nicht an der Tafel des Königs erschienen.«30Saul packte der Zorn über Jonatan. »Du Sohn einer verdorbenen Mutter!«[5], verfluchte er ihn. »Glaubst du etwa, ich weiß nicht, dass du zu dem Sohn Isais hältst, dir und deiner Mutter, die dich geboren hat, zur Schande?31Solange dieser Sohn Isais am Leben ist, wirst du nicht König sein können. Jetzt geh und lass ihn herschaffen, denn er muss sterben!«32»Aber was hat er getan?«, wollte Jonatan von seinem Vater wissen. »Warum soll er getötet werden?« (Mt 27,23)33Da schleuderte Saul seinen Speer nach Jonatan, um ihn damit zu durchbohren. Nun erkannte Jonatan, dass sein Vater fest entschlossen war, David zu töten. (1Sam 18,11; 1Sam 19,10)34Zornig stand Jonatan vom Tisch auf und aß den ganzen Tag nichts mehr, denn das schändliche Verhalten seines Vaters gegenüber David traf ihn sehr.35Am nächsten Morgen ging Jonatan wie vereinbart aufs Feld hinaus und nahm einen Jungen mit.36»Lauf«, forderte er den Jungen auf, »damit du die Pfeile findest, die ich abschieße.« Der Junge lief los und Jonatan schoss einen Pfeil über ihn hinweg. (1Sam 20,20)37Als der Junge die Stelle schon fast erreicht hatte, wo der Pfeil lag, den Jonatan abgeschossen hatte, rief Jonatan: »Der Pfeil liegt noch ein Stückchen weiter vor dir.38Schnell, schnell, halt dich nicht auf!« Der Junge sammelte rasch den Pfeil ein und lief zu seinem Herrn zurück.39Er verstand natürlich nicht, was Jonatan meinte; nur Jonatan und David wussten es.40Dann gab Jonatan seinen Bogen und die Pfeile dem Jungen und befahl ihm, sie in die Stadt zurückzubringen.41Sobald der Junge fort war, kam David aus seinem Versteck bei dem Steinhaufen[6] hervor. Er fiel vor Jonatan nieder und verneigte sich dreimal. Dann küssten sie sich zum Abschied und beide weinten, besonders David.42Schließlich sagte Jonatan zu David: »Geh in Frieden, denn wir haben einen Bund im Namen des HERRN geschlossen. Dafür wird der HERR zwischen uns und unseren Kindern für immer Zeuge sein.« (1Sam 20,14)