1Ich versichere euch: Wer sich über die Mauer in den Schafpferch schleicht, statt durchs Tor hineinzugehen, ist ein Dieb und ein Räuber!2Denn ein Hirte tritt durch das Tor ein. (Apg 20,28)3Der Torhüter öffnet ihm, und die Schafe hören seine Stimme und kommen zu ihm. Er ruft seine Schafe, die ihm gehören, beim Namen und führt sie hinaus.4Wenn er seine Herde versammelt hat, geht er vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm, weil sie seine Stimme kennen. (Ps 80,2; Joh 10,27)5Einem Fremden aber folgen sie nicht, sondern laufen vor ihm weg, weil sie seine Stimme nicht kennen.«6Die Zuhörer wussten nicht, was Jesus mit diesem Bild meinte, (Joh 16,25)7deshalb erklärte er es ihnen. »Ich versichere euch: Ich bin das Tor zu den Schafen«, sagte er. (Joh 14,6)8»Alle, die vor mir kamen, waren Diebe und Räuber. Doch die Schafe hörten nicht auf sie. (Jer 23,1; Hes 34,2)9Ja, ich bin das Tor. Wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden. Wo er auch hinkommt, wird er grüne Weiden finden. (Ps 118,20; Joh 14,6)10Ein Dieb will rauben, morden und zerstören. Ich aber bin gekommen, um ihnen das Leben in ganzer Fülle zu schenken. (Joh 5,40; Apg 20,29; 2Petr 2,1)11Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte opfert sein Leben für die Schafe. (Jes 40,11; Hes 34,11; Hebr 13,20; 1Petr 2,25; 1Joh 3,16; Offb 7,17)12Ein Schäfer, der nur für Lohn arbeitet, läuft davon, wenn er einen Wolf kommen sieht. Er wird die Schafe im Stich lassen, weil sie ihm nicht gehören und er nicht ihr Hirte ist. Und so greift der Wolf sie an und zerstreut die Herde.13Der bezahlte Arbeiter läuft davon, weil er nur angeworben wurde und die Schafe ihm nicht wirklich am Herzen liegen.14Ich bin der gute Hirte; ich kenne meine Schafe und sie kennen mich, (2Tim 2,19)15so wie mein Vater mich kennt und ich den Vater. Ich gebe mein Leben für die Schafe. (Mt 11,27)16Ich habe auch noch andere Schafe, die nicht in diesem Pferch sind. Auch sie muss ich herführen, und sie werden auf meine Stimme hören; und alle werden eine Herde mit einem Hirten sein. (Jes 56,8; Hes 37,24; Joh 11,52; Eph 2,14)17Der Vater liebt mich, weil ich mein Leben hingebe, um es wiederzuerlangen. (Phil 2,8; Hebr 5,8; Hebr 7,16)18Niemand kann es mir nehmen. Ich gebe es freiwillig hin. Ich habe die Macht, es hinzugeben, und ich habe die Macht, es wieder zu nehmen. Denn mein Vater hat mir diesen Auftrag gegeben.«19Wegen dieser Worte waren die Menschen[1] wieder geteilter Meinung über ihn.20Manche meinten: »Er hat einen Dämon und ist verrückt. Warum hört ihr auf einen solchen Mann?«21Andere dagegen sagten: »Das klingt nicht nach einem Mann, der von einem Dämon besessen ist! Oder kann ein Dämon etwa den Blinden die Augen öffnen?«
Jesus erhebt den Anspruch, Gottes Sohn zu sein
22Inzwischen war es Winter. Jesus war zum Fest der Tempelweihe[2] nach Jerusalem gereist.23Nun hielt er sich im Tempel auf, in dem Bereich der Säulenhalle Salomos. (Apg 3,11; Apg 5,12)24Da umringten ihn die Juden und fragten: »Wie lange willst du uns noch hinhalten?[3] Wenn du der Christus bist, dann sag es uns offen.« (Lk 22,67)25Jesus erwiderte: »Ich habe es euch bereits gesagt, aber ihr glaubt mir nicht. Alles, was ich im Namen meines Vaters tue, beweist, wer ich bin. (Joh 5,36; Joh 10,38; Joh 14,11)26Aber ihr glaubt mir nicht, weil ihr nicht zu meiner Herde gehört. (Joh 8,47)27Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir.28Ich schenke ihnen das ewige Leben, und sie werden niemals umkommen. Niemand wird sie mir entreißen, (Joh 6,37; Joh 17,12)29denn mein Vater hat sie mir gegeben, und er ist mächtiger als alles andere. Und niemand kann sie aus der Hand des Vaters reißen. (Joh 14,28; Joh 17,2)30Der Vater und ich sind eins.« (Joh 1,1; Joh 10,38; Joh 14,8; Joh 17,21)31Da hoben die Juden wieder Steine auf, um ihn zu töten.32Doch Jesus sagte: »Ich habe euch durch die Kraft meines Vaters viele gute Taten gezeigt. Für welche dieser Taten wollt ihr mich steinigen?«33Sie erwiderten: »Nicht wegen einer guten Tat wollen wir dich steinigen, sondern wegen Gotteslästerung, weil du, obwohl nur Mensch, dich zu Gott gemacht hast.« (3Mo 24,16; Mt 26,63; Joh 1,1; Joh 5,18; Joh 20,28; Röm 9,5; Phil 2,6; Tit 2,13; 2Petr 1,1; 1Joh 5,20)34Jesus erwiderte: »In eurem eigenen Gesetz steht geschrieben: ›Ich habe gesagt: Ihr seid Götter!‹[4] (Ps 82,6)35Ihr wisst, dass die Schrift nicht geändert werden darf. Wenn also diese Menschen, die Gottes Botschaft empfingen, von ihm selbst ›Götter‹ genannt wurden,36warum nennt ihr es dann Gotteslästerung, wenn der, der vom Vater geheiligt und in die Welt gesandt wurde, von sich sagt: ›Ich bin Gottes Sohn‹? (Joh 5,17)37Wenn ich nicht die Werke meines Vaters tue, braucht ihr mir nicht zu glauben!38Wenn ich aber sein Werk tue, dann glaubt wenigstens an das, was ich getan habe, wenn ihr schon nicht an mich glaubt. Dann werdet ihr begreifen und erkennen, dass der Vater in mir ist und ich im Vater bin.«39Wieder wollten sie ihn verhaften, doch er entkam ihnen.40Er ging über den Jordan nahe der Stelle, an der Johannes getauft hatte, und blieb dort.41Viele Menschen kamen zu ihm. »Johannes hat zwar keine Wunder getan«, sagten sie zueinander, »aber seine Voraussagen über diesen Mann haben sich als wahr erwiesen.«42Und viele kamen dort zum Glauben an ihn. (Joh 2,23; Joh 7,31; Joh 8,30; Joh 11,45; Joh 12,11)
Johannes 10
Lutherbibel 2017
Der gute Hirte
1Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer nicht zur Tür hineingeht in den Schafstall, sondern steigt anderswo hinein, der ist ein Dieb und ein Räuber.2Der aber zur Tür hineingeht, der ist der Hirte der Schafe.3Dem macht der Türhüter auf, und die Schafe hören seine Stimme; und er ruft seine Schafe mit Namen und führt sie hinaus.4Wenn er alle seine Schafe hinausgelassen hat, geht er vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm nach; denn sie kennen seine Stimme.5Einem Fremden aber folgen sie nicht nach, sondern fliehen vor ihm; denn sie kennen die Stimme der Fremden nicht.6Dies Gleichnis sagte Jesus zu ihnen; sie verstanden aber nicht, was er ihnen damit sagte.7Da sprach Jesus wieder: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen.8Alle, die vor mir gekommen sind, die sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben ihnen nicht gehorcht.9Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden und wird ein und aus gehen und Weide finden. (Joh 14,6)10Ein Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und umzubringen. Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und volle Genüge.11Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. (Ps 23,1; Jes 40,11; Hes 34,11; Joh 15,13; Hebr 13,20)12Der Mietling, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –,13denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe.14Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, (2Tim 2,19)15wie mich mein Vater kennt; und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.16Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden. (Joh 11,52; Apg 10,34)17Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf dass ich’s wieder empfange.18Niemand nimmt es von mir, sondern ich selber lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wieder zu empfangen. Dies Gebot habe ich empfangen von meinem Vater. (Joh 5,26)19Da entstand abermals Zwietracht unter den Juden wegen dieser Worte. (Joh 7,43; Joh 9,16)20Viele unter ihnen sprachen: Er ist von einem Dämon besessen und ist von Sinnen; was hört ihr ihm zu? (Mk 3,21; Joh 7,20)21Andere sprachen: Das sind nicht Worte eines Besessenen; kann denn ein Dämon die Augen der Blinden auftun?22Es war damals das Fest der Tempelweihe in Jerusalem, und es war Winter.23Und Jesus ging umher im Tempel in der Halle Salomos. (Apg 3,11)24Da umringten ihn die Juden und sprachen zu ihm: Wie lange hältst du uns im Ungewissen? Bist du der Christus, so sage es frei heraus.25Jesus antwortete ihnen: Ich habe es euch gesagt, und ihr glaubt nicht. Die Werke, die ich tue in meines Vaters Namen, die zeugen von mir. (Joh 5,36)26Aber ihr glaubt nicht, denn ihr seid nicht von meinen Schafen. (Joh 8,45; Joh 8,47)27Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; (Ps 95,7)28und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen.29Was mir mein Vater gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann es aus des Vaters Hand reißen.30Ich und der Vater sind eins.
Der Vorwurf der Gotteslästerung
31Da hoben die Juden abermals Steine auf, um ihn zu steinigen. (Joh 8,59)32Jesus antwortete ihnen: Viele gute Werke habe ich euch erzeigt vom Vater; um welches dieser Werke willen wollt ihr mich steinigen?33Die Juden antworteten ihm: Um eines guten Werkes willen steinigen wir dich nicht, sondern um der Gotteslästerung willen und weil du ein Mensch bist und machst dich selbst zu Gott. (Mt 9,3; Mt 26,65; Joh 5,18)34Jesus antwortete ihnen: Steht nicht geschrieben in eurem Gesetz: »Ich habe gesagt: Ihr seid Götter«?35Wenn jene »Götter« genannt werden, zu denen das Wort Gottes geschah – und die Schrift kann doch nicht gebrochen werden –, (Mt 5,17)36wie sagt ihr dann zu dem, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat: Du lästerst Gott –, weil ich sage: Ich bin Gottes Sohn? (Joh 5,17)37Tue ich nicht die Werke meines Vaters, so glaubt mir nicht;38tue ich sie aber, so glaubt doch den Werken, wenn ihr mir nicht glauben wollt, auf dass ihr erkennt und wisst, dass der Vater in mir ist und ich im Vater.39Da suchten sie abermals, ihn zu ergreifen. Aber er entging ihren Händen. (Lk 4,30; Joh 8,59)40Und er ging wieder fort auf die andere Seite des Jordans an den Ort, wo Johannes zuvor getauft hatte, und blieb dort. (Joh 1,28)41Und viele kamen zu ihm und sprachen: Johannes hat zwar kein Zeichen getan; aber alles, was Johannes von diesem gesagt hat, das ist wahr.42Und viele dort glaubten an ihn.