– Die Vergangenheit: Treue zum Gesetz und Verfolgung der Christen
1»Liebe Landsleute[1]«, rief er, »liebe Brüder und Väter! Hört, was ich zu meiner Verteidigung zu sagen habe!«2Als sie merkten, dass er in ihrer Muttersprache[2] zu ihnen redete, wurde es noch stiller. Paulus fuhr fort:3»Ich bin ein Jude wie ihr. Geboren wurde ich in Tarsus in der Provinz Zilizien, aber aufgewachsen bin ich[3] hier in Jerusalem. Mein Lehrer war kein Geringerer als Gamaliel.[4] Bei ihm erhielt ich eine gründliche Ausbildung in dem Gesetz[5], das uns von unseren Vorfahren her überliefert ist, und ich kämpfte leidenschaftlich für Gottes Ehre[6] – genauso, wie ihr alle es heute tut[7].4Dieser Eifer für Gott war es auch, der mich dazu trieb, mit allen Mitteln gegen die neue Lehre vorzugehen und ihre Anhänger mit unerbittlicher Härte zu verfolgen[8]. Männer wie Frauen ließ ich verhaften und ins Gefängnis bringen.5Der Hohepriester und der gesamte Ältestenrat[9] können das bestätigen. Von ihnen ließ ich mir sogar Empfehlungsbriefe an die jüdische Gemeinde[10] in Damaskus geben. Ich reiste in jene Stadt, um auch dort die Anhänger der neuen Lehre[11] festzunehmen und sie dann in Ketten nach Jerusalem bringen zu lassen, wo sie bestraft werden sollten.«
– Die Umkehr: Berufung durch Christus
6»Auf dem Weg nach Damaskus – es war gegen Mittag, und wir hatten die Stadt schon fast erreicht – leuchtete plötzlich vom Himmel her ein Licht auf. Von allen Seiten umgab mich ein unbeschreiblich heller Glanz,7sodass ich geblendet zu Boden stürzte. Dann hörte ich eine Stimme zu mir sagen: ›Saul, Saul, warum verfolgst du mich?‹ –8›Wer bist du, Herr?‹ fragte ich, worauf die Stimme antwortete: ›Ich bin der, den du verfolgst – Jesus von Nazaret.‹9Meine Begleiter sahen zwar das Licht, verstanden aber nicht, was die Stimme sagte, die mit mir sprach[12].10›Herr‹, sagte ich, ›was soll ich tun?‹ – ›Steh auf und geh nach Damaskus!‹ antwortete der Herr. ›Dort wird dir genau gesagt werden, wozu du beauftragt bist und was du tun sollst.‹11Ich wollte mich wieder auf den Weg machen, aber der Glanz jenes Lichtes hatte mich so geblendet, dass ich nicht mehr sehen konnte; meine Begleiter mussten mich bei der Hand nehmen und nach Damaskus führen.12In Damaskus wohnte ein frommer und gesetzestreuer Mann, Hananias, der bei allen Juden der Stadt in hohem Ansehen stand.13Hananias suchte mich auf, trat zu mir und sagte: ›Saul, mein Bruder, du sollst wieder sehen können!‹ Im selben Augenblick sah ich ihn vor mir stehen; ich konnte wieder sehen!14Hananias sagte: ›Der Gott unserer Väter[13] hat dich dazu erwählt, zu erkennen, was sein Wille ist. Er hat bestimmt, dass du den siehst, der gerecht ist, und ihn persönlich mit dir reden hörst[14].15Denn du sollst sein Zeuge sein und allen Menschen von dem berichten, was du gesehen und gehört hast[15].16Also – was zögerst du noch? Steh auf und lass dich taufen! Rufe dabei im Gebet den Namen Jesu[16] an! Dann wirst du von deinen Sünden reingewaschen werden.‹«
– Der Auftrag: Verkündigung des Evangeliums unter den nichtjüdischen Völkern
17»Später, als ich wieder in Jerusalem war und im Tempel betete, hatte ich eine Vision.18Ich sah Jesus, und er sagte zu mir: ›Verlass Jerusalem, so schnell du kannst! Lass dich durch nichts aufhalten! Denn die Menschen hier werden nicht annehmen, was du ihnen als mein Zeuge über mich berichtest.‹ –19›Aber Herr‹, wandte ich ein, ›gerade sie müssten mir doch Glauben schenken. Sie wissen ja, dass ich von einer Synagoge zur anderen ging, um die, die an dich glauben, gefangen nehmen und auspeitschen zu lassen.20Und sie wissen auch, dass ich damals, als dein Zeuge Stephanus sein Leben ließ[17], voll und ganz mit seiner Hinrichtung einverstanden war. Ich stand nicht nur dabei, sondern bewachte die Kleider, die seine Gegner abgelegt hatten, um ihn zu steinigen[18].‹21Aber Jesus erwiderte: ›Mach dich auf den Weg! Ich werde dich zu anderen Völkern in weit entfernten Ländern senden.‹«
Tumult unter den Zuhörern, Eingreifen des römischen Kommandanten
22Bis zu diesen Worten hatte die Menge ruhig zugehört. Doch jetzt brach ein Tumult los. »Weg mit ihm!«, schrien die Leute. »Bringt ihn um! So einer darf auf keinen Fall am Leben bleiben!«23Sie tobten, zerrissen vor Empörung ihre Kleider[19] und schleuderten Staub in die Luft.24Die Situation wurde so bedrohlich, dass der Kommandant Paulus ins Innere der Kaserne bringen ließ. Daraufhin befahl er, ihn auszupeitschen und ihn dabei zu verhören[20], denn er wollte herausfinden, weshalb die Menge ihn so hasserfüllt niedergeschrien hatte.25Paulus war bereits für die Geißelung festgebunden[21], da sagte er zu dem Offizier, der die Aufsicht führte: »Ist es bei euch erlaubt, einen römischen Bürger auszupeitschen, noch dazu ohne ordentliches Gerichtsverfahren[22]?«26Als der Offizier das hörte, ging er zum Kommandanten, um ihm Meldung zu erstatten. »Weißt du, was du da tust?[23]«, sagte er. »Der Mann hat das römische Bürgerrecht!«27Jetzt kam der Kommandant persönlich zu Paulus. »Stimmt es, dass du römischer Bürger bist?«, fragte er ihn. »Ja«, erwiderte Paulus, »es stimmt.« –28»Mich hat es eine Menge Geld gekostet, das Bürgerrecht zu erwerben«, sagte der Kommandant. »Und ich besitze es seit meiner Geburt«, sagte Paulus.29Daraufhin gaben ihn die Soldaten, die ihn verhören sollten, sofort frei. Und der Kommandant bekam es mit der Angst zu tun, weil er begriff, was er getan hatte: Er hatte einen römischen Bürger fesseln lassen.30Am nächsten Tag ordnete der Kommandant eine Zusammenkunft der führenden Priester und des gesamten Hohen Rates an, weil er sich Klarheit darüber verschaffen wollte, was die Juden diesem Mann vorwarfen. Er ließ Paulus aus der Zelle holen, in die man ihn gebracht hatte[24], führte ihn von der Kaserne zum Gerichtsgebäude hinunter und ließ ihn vor die Versammelten treten.
Apostelgeschichte 22
Menge Bibel
Rede des Paulus an das Volk (Bericht über seine Bekehrung und über den von Jesus empfangenen Auftrag)
1»Werte Brüder und Väter, hört jetzt meine Rechtfertigung vor euch an!«2Als sie nun hörten, daß er in hebräischer Sprache zu ihnen redete, verhielten sie sich noch ruhiger; und er fuhr fort:3»Ich bin ein Jude, geboren zu Tarsus in Cilicien, aber hier in dieser Stadt erzogen: zu den Füßen Gamaliels habe ich meine Ausbildung in strenger Befolgung des Gesetzes unserer Väter erhalten und bin ein ebensolcher Eiferer für Gott gewesen, wie ihr alle es noch heute seid.4Als solcher habe ich auch diese Glaubensrichtung[1] bis auf den Tod verfolgt, indem ich Männer wie Frauen in Ketten legte und ins Gefängnis werfen ließ,5wie mir das auch der Hohepriester und der gesamte Rat der Ältesten bezeugen können. Von diesen habe ich mir sogar Briefe[2] an unsere Volksgenossen geben lassen und mich nach Damaskus begeben, um auch die Leute dort gefesselt zur Bestrafung nach Jerusalem zu bringen.6Da geschah es, als ich mich auf dem Wege dorthin befand und in die Nähe von Damaskus gekommen war, daß mich zur Mittagszeit plötzlich ein helles Licht vom Himmel her umstrahlte.7Ich stürzte zu Boden und hörte eine Stimme, die mir zurief: ›Saul, Saul! Was verfolgst du mich?‹8Ich antwortete: ›Wer bist du, Herr?‹ Er sagte zu mir: ›Ich bin Jesus von Nazareth, den du verfolgst!‹9Meine Begleiter nahmen zwar das Licht wahr, hörten aber die Stimme dessen nicht, der zu mir redete.10Ich fragte dann: ›Was soll ich tun, Herr?‹ Da antwortete mir der Herr: ›Steh auf und geh nach Damaskus! Dort wirst du Auskunft über alles erhalten, was dir zu tun verordnet ist.‹11Weil ich nun, von dem Glanz jenes Lichtes geblendet, nicht sehen konnte, wurde ich von meinen Begleitern an der Hand geführt und gelangte so nach Damaskus.12Dort kam ein gewisser Ananias, ein gesetzesfrommer Mann, der sich der Anerkennung aller dortigen Juden erfreute,13zu mir, trat vor mich hin und sagte zu mir: ›Bruder Saul, werde wieder sehend!‹, und augenblicklich erhielt ich das Augenlicht zurück und konnte ihn sehen.14Er aber fuhr fort: ›Der Gott unserer Väter hat dich dazu bestimmt, seinen Willen zu erkennen und den Gerechten zu sehen und einen Ruf aus seinem Munde zu vernehmen;15denn du sollst Zeugnis für ihn vor allen Menschen ablegen von dem, was du gesehen und gehört hast.16Und nun – was zögerst du noch? Stehe auf, laß dich taufen und wasche deine Sünden ab, indem du seinen Namen anrufst!‹17Als ich dann nach Jerusalem zurückgekehrt war und im Tempel betete, geriet ich in eine Verzückung18und sah ihn[3], der mir gebot: ›Beeile dich und verlaß Jerusalem schleunigst! Denn man wird hier dein Zeugnis über[4] mich nicht annehmen.‹19Da entgegnete ich: ›Herr, sie wissen doch selbst, daß ich es gewesen bin, der die an dich Gläubigen ins Gefängnis werfen und in den Synagogen auspeitschen ließ;20und als das Blut deines Zeugen Stephanus vergossen wurde, da habe auch ich dabeigestanden und Freude daran gehabt und Wache bei den Mänteln (7,58) derer gehalten, die ihn ums Leben brachten.‹21Doch er antwortete mir: ›Mache dich auf den Weg, denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden!‹«
Die Wirkung der Rede; Paulus in Gewahrsam bei dem römischen Obersten
22Bis zu diesem Wort hatten sie ihm ruhig zugehört; nun aber erhoben sie ein Geschrei: »Hinweg mit einem solchen Menschen von der Erde! Er darf nicht am Leben bleiben!«23Während sie noch so schrien und dabei ihre Mäntel abwarfen und Staub in die Luft schleuderten,24ließ der Oberst ihn in die Burg hineinbringen und gab Befehl, man solle ihn unter Geißelhieben[5] verhören, damit man herausbrächte, aus welchem Grunde sie so wütend gegen ihn schrien.25Als man ihn nun schon für die (Geißelung mit) Riemen ausgestreckt hatte, sagte Paulus zu dem Hauptmann, der dabeistand: »Dürft ihr einen römischen Bürger geißeln, und noch dazu, ehe ein richterliches Urteil vorliegt?«26Als der Hauptmann das hörte, begab er sich zu dem Oberst und meldete ihm: »Was willst du tun? Dieser Mann ist ja ein römischer Bürger!«27Da trat der Oberst herzu und sagte zu ihm: »Sage mir: bist du wirklich ein römischer Bürger?« Er erwiderte: »Ja.«28Da antwortete der Oberst: »Ich habe mir dieses Bürgerrecht für viel Geld erworben.« Paulus sagte: »Ich dagegen bin sogar als römischer Bürger geboren!«29So ließ man denn sofort von dem beabsichtigten peinlichen Verhör ab; aber auch der Oberst hatte einen Schrecken bekommen, da er erfahren hatte, daß er ein römischer Bürger sei, und weil er ihn hatte fesseln lassen.30Weil er aber über das Vergehen, das ihm von seiten der Juden vorgeworfen wurde, ins klare kommen wollte, ließ er ihm am folgenden Tage die Fesseln abnehmen und ordnete eine Versammlung[6] der Hohenpriester und des ganzen Hohen Rates an; dann ließ er Paulus hinabführen und ihn vor sie stellen.