1Auch ich bin ein sterblicher Mensch wie alle andern, ein Nachkomme des ersten aus Erde geschaffenen Menschen, und bin Fleisch, im Mutterleib (Hi 10,10; Ps 139,13)2zehn Monate lang gebildet, im Blut zusammengeronnen aus Mannessamen und der Lust, die im Beischlaf dazukam. (Joh 1,13)3Auch ich habe, als ich geboren war, Atem geholt aus der Luft, die allen gemeinsam ist, und bin gefallen auf die Erde, die alle in gleicher Weise trägt; und Weinen war wie bei allen mein erster Laut;4und ich bin in Windeln gelegt und voll Fürsorge aufgezogen worden. (Lk 2,7; Lk 2,12)5Denn selbst ein König hatte niemals einen andern Anfang seines Lebens,6sondern alle haben denselben Eingang in das Leben und auch den gleichen Ausgang. (Hi 1,21)7Deshalb betete ich, und mir wurde Einsicht gegeben; ich rief den Herrn an, und der Geist der Weisheit kam zu mir. (1Kön 3,5; Weis 1,6)8Ich achtete sie höher als Zepter und Throne, und Reichtum hielt ich für nichts im Vergleich mit ihr.9Neben ihr war mir kein Edelstein etwas wert, und war er noch so teuer. Wenn man sie ansieht, ist alles Gold nur geringer Sand, und Silber ist Dreck gegen sie. (Hi 28,15; Phil 3,8)10Ich hatte sie lieber als Gesundheit und schöne Gestalt und zog sie sogar dem Licht vor; denn der Glanz, der von ihr ausgeht, erlischt nicht.11Zugleich aber kamen mit ihr alle Güter zu mir, und unermesslicher Reichtum war in ihrer Hand. (1Kön 3,13)12Ich freute mich all dieser Dinge, weil die Weisheit sie mit sich führte; ich wusste aber noch nicht, dass sie auch ihre Schöpferin ist.13Arglos habe ich sie gelernt, neidlos teile ich sie aus; ich will ihren Reichtum nicht verbergen.14Denn sie ist den Menschen ein unerschöpflicher Schatz; die ihn erwarben, erlangten Gottes Freundschaft. Denn sie haben sich ihm empfohlen mit den Gaben, die die Unterweisung verleiht. (Röm 12,1)15Gott aber gebe mir, nach seinem Sinn zu reden und so zu denken, wie es der Gaben würdig ist, die ich empfangen habe. Denn er ist’s, der auch die Weisheit auf ihren Weg führt und den Weisen zurechthilft.16Denn in seiner Hand sind wir selbst und unsre Worte, dazu alle Klugheit und Kenntnisse in mancherlei Fertigkeiten.17Denn er gab mir sichere Erkenntnis dessen, was ist, sodass ich den Bau der Welt begreife und das Wirken der Elemente: (Sir 17,7)18Anfang, Ende und Mitte der Zeiten, wie die Tage zu- und abnehmen, wie die Jahreszeiten wechseln,19wie das Jahr umläuft und wie die Sterne stehen,20die Arten der zahmen und der wilden Tiere, die Macht der Geister und die Gedanken der Menschen, die Vielfalt der Pflanzen und die Kräfte der Wurzeln. (1Kön 5,13)21So erkannte ich alles, was verborgen und was sichtbar ist;22denn die Weisheit, die alles kunstvoll gebildet hat, lehrte mich’s. Denn es wohnt in ihr ein Geist, der verständig ist, heilig, eines und vieles zugleich, fein, beweglich, durchdringend, rein, klar, unversehrt, freundlich, scharfsinnig, (Jak 3,17; Weis 8,7)23ungehindert, wohltätig, menschenfreundlich, beständig, gewiss, ohne Sorge; er vermag alles, sieht alles und durchdringt selbst alle Geister, die verständig, rein und fein sind.24Denn die Weisheit ist regsamer als alles, was sich regt, sie geht und dringt durch alles – so rein ist sie.25Denn sie ist ein Hauch der göttlichen Kraft und ein reiner Strahl der Herrlichkeit des Allmächtigen; darum kann nichts Unreines in sie hineinkommen.26Denn sie ist ein Abglanz des ewigen Lichts und ein fleckenloser Spiegel des göttlichen Wirkens und ein Bild seiner Güte. (Hebr 1,3; 1Joh 1,5)27Sie ist ein und dieselbe und kann alles. Sie bleibt, was sie ist, und erneuert alles. In jedem Geschlecht geht sie in heilige Seelen ein und macht sie zu Freunden Gottes und zu Propheten. (Jak 2,23; Weis 14,1)28Denn Gott liebt niemanden, er bleibe denn bei der Weisheit. (Sir 4,14)29Denn sie ist herrlicher als die Sonne und übertrifft die Schönheit der Sterne. Sie ist strahlender als das Licht.30Denn das Licht muss der Nacht weichen, aber die Bosheit überwältigt die Weisheit nimmermehr.