1Ich wurde sehr traurig und weinte laut. Ich betete zu Gott und mein Gebet war von vielen Seufzern begleitet.2»Herr«, sagte ich, »du bist gerecht, und alles, was du tust, ist gerecht. Stets handelst du nach deiner Barmherzigkeit und Treue. Du bist ja der Richter der ganzen Welt. (Esr 9,6; Jer 14,7; Dan 9,4)3Wende dich nicht von mir ab, sondern blicke freundlich auf mich! Strafe mich nicht für meine Verfehlungen und Sünden und auch nicht für die Sünden meiner Vorfahren,4die deinen Geboten nicht gehorcht haben. Du hast uns dafür der Plünderung, der Verbannung, dem Tod ausgeliefert; Hohn und Spott müssen wir erdulden bei den Völkern, unter die du uns zerstreut hast.5Auch die schweren Schläge, die mich jetzt treffen, sind gerecht. Ich habe sie verdient mit meinen Verfehlungen und mit denen meiner Vorfahren; denn wir sind dir nicht treu geblieben und haben deine Gebote nicht befolgt.6Aber jetzt erweise mir die Gnade und mach meinem Leben ein Ende! Lass mich nicht länger auf dieser Erde leben; lass mich wieder zu Erde werden. Ich möchte lieber tot sein als weiterleben, nachdem ich solche unverdienten Vorwürfe anhören musste. Mein Leid ist unermesslich! Ach Herr, befiehl doch, dass ich von diesem Elend erlöst werde. Gib, dass ich zur ewigen Ruhe gelange. Wende dich nicht von mir ab, Herr! Ich möchte lieber tot sein, als in diesem Elend leben und solche Schmähungen hören.« (1Kön 19,4; Hi 3,21; Hi 7,15; Pred 12,5; Hes 26,20; Jon 4,3)
Schweres Leid auch für die junge Sara
7Am selben Tag musste auch Sara, die Tochter Raguëls in der Stadt Ekbatana in Medien, solche Vorwürfe hören – von einer der Dienerinnen ihres Vaters. (Tob 6,14)8Sie war nämlich schon sieben Männern nacheinander zur Ehe gegeben worden; aber der böse Geist Aschmodai hatte alle sieben in der Hochzeitsnacht getötet, bevor sie die Ehe mit ihr vollziehen konnten. »Du bringst alle deine Männer um«, warf die Dienerin Sara vor. »Sieben bist du schon zur Frau gegeben worden und von keinem trägst du den Namen.9Warum schlägst du uns dafür, dass sie gestorben sind? Folg ihnen doch nach, damit wir es nicht erleben müssen, dass du auch noch einen Sohn oder eine Tochter in die Welt setzt!«10Sara brach in Tränen aus und flüchtete sich ins Obergemach des Hauses. Sie war so tief verletzt, dass sie sich erhängen wollte. Aber dann besann sie sich und dachte: »Die Leute werden meinen Vater dafür verantwortlich machen und zu ihm sagen: ›Eine einzige Tochter hast du gehabt, an der dein Herz hing, und die hat sich aus Verzweiflung aufgehängt!‹ Dann werde ich schuld sein, wenn mein alter Vater vor Kummer stirbt. Ich will mich lieber nicht umbringen, sondern den Herrn bitten, dass er mich sterben lässt und ich nicht mehr solche Schmähungen anhören muss.«
Saras Gebet: »Mach meinem Leben ein Ende!«
11Sie wandte sich zum Fenster, das in Richtung Jerusalem lag,[1] breitete ihre Hände zum Gebet aus und sagte: »Gepriesen seist du, gütiger Gott; gepriesen sei dein Name in alle Ewigkeit! Alles, was du geschaffen hast, muss dich ewig rühmen! (Dan 6,11)12Ich blicke Hilfe suchend zu dir empor und bitte dich:13Befiehl doch, dass ich von diesem Leben erlöst werde und keine Schmähungen mehr hören muss!14Du weißt, dass ich noch eine unberührte Jungfrau bin15und dass ich meinen Namen und den Namen meines Vaters hier in der Fremde vor Schande bewahrt habe. Ich bin das einzige Kind meines Vaters, er hat außer mir keinen Erben; und es gibt in der ganzen Verwandtschaft niemand mehr, der mich heiraten kann und für den ich mein Leben erhalten müsste. Sieben Männer habe ich verloren; warum soll ich noch länger leben? Wenn du mich aber nicht sterben lassen willst, Herr, dann hilf mir doch aus dieser Schande!« (Tob 6,12)
Gott bereitet die Rettung vor
16Die Gebete der beiden drangen bis zum Thron Gottes und Gott erhörte sie sogleich.17Er sandte seinen Engel Rafaël, um die beiden aus ihrer Not zu retten. Der Engel sollte Tobit heilen, damit er mit seinen Augen wieder das von Gott geschaffene Licht sehen könnte. Und Sara sollte er dem jungen Tobias zur Frau geben und sie aus der Gewalt des bösen Geistes Aschmodai befreien. Denn es war so bestimmt, dass Tobias und kein anderer sie zur Frau bekommen sollte. Zu eben der Zeit, als Sara vom Obergemach in die Wohnung ihrer Eltern hinabstieg, trat auch Tobit aus dem Hof in sein Haus. (Tob 12,15)
Tobit 3
Lutherbibel 2017
1Da wurde ich sehr betrübt in meiner Seele. Ich seufzte und weinte und begann zu beten und zu klagen.2Herr, du bist gerecht, und all dein Tun ist recht und all deine Wege sind Barmherzigkeit und Wahrheit. Ja, du richtest die Welt! (Ps 119,137)3Und nun, Herr, gedenke meiner; sieh doch und strafe mich nicht wegen meiner Sünden und meiner Versehen, noch um des Bösen willen, das meine Väter getan haben vor dir. (Ps 25,7; Ps 79,8)4Auch ich habe deine Gebote nicht gehalten. So hast du uns der Plünderung preisgegeben, der Gefangenschaft und dem Tod und hast uns zu Spott, Schmach und Hohn all der Völker gemacht, unter die du uns zerstreut hast. (5Mo 28,15; 5Mo 28,37; 5Mo 28,48)5Ach, zahlreich sind deine Strafen, die du meiner Sünden wegen über mich bringst, weil wir deine Gebote nicht gehalten haben und nicht recht gewandelt sind vor dir.6Und nun, tue an mir nach deinem Wohlgefallen, und nimm meinen Geist von mir, dass ich erlöst werde vom Angesicht der Erde und wieder zu Erde werde. Weil ich falsche Schmähungen hören muss und große Betrübnis in mir ist, will ich lieber tot sein als leben! Herr, erlöse mich von dieser Not, erlöse mich zu deiner ewigen Stätte und wende dein Angesicht, Herr, nicht von mir. Lieber als große Not zu sehen, möchte ich sterben und keine Schmähungen mehr hören! (1Kön 19,4)
Saras Not und Gebet
7Es begab sich nun an demselben Tage, dass auch Sara, die Tochter Raguëls, in der Stadt Ekbatana in Medien von einer der Mägde ihres Vaters geschmäht wurde.8Man hatte sie nämlich sieben Männern nacheinander zur Frau gegeben, aber ein böser Geist, Aschmodai genannt, hatte sie alle getötet, sobald sie mit ihr das Lager teilen wollten, wie es Brauch ist. Und die Magd sagte zu ihr: Du bist es, die deine Männer tötet! Siehe, schon sieben Männern wurdest du gegeben, doch nach keinem von ihnen bist du benannt!9Was weist du uns zurecht wegen deiner Männer, die doch alle gestorben sind? Geh doch mit ihnen! Wenn wir nur niemals einen Sohn oder eine Tochter von dir sehen müssen!10An jenem Tag wurde Sara betrübt in ihrer Seele, sie weinte und ging in eine Kammer oben im Hause ihres Vaters. Dort wollte sie sich erhängen. Dann aber dachte sie bei sich und sagte: Niemals sollen sie meinen Vater schmähen und zu ihm sagen: Du hattest nur eine einzige, geliebte Tochter, und die hat sich aus Kummer erhängt! Nein, ich werde meinen greisen Vater nicht mit Leid zu den Toten hinabfahren lassen! Statt mich zu erhängen, will ich lieber den Herrn bitten, dass er mich sterben lässt und ich niemals mehr in meinem Leben solche Schmähungen hören muss. (1Mo 37,35; 1Mo 42,38; 1Mo 44,29; 1Mo 44,31)11Da hob sie ihre Hände zum Fenster und betete und sprach: Gelobt seist du, barmherziger Gott, gelobt sei dein Name in Ewigkeit. Alle deine Werke sollen dich loben in Ewigkeit. (Dan 6,11)12Zu dir habe ich mein Angesicht und meine Augen erhoben.13Befiehl, dass ich von der Erde erlöst werde und nicht länger solche Schmähungen hören muss.14Du weißt, Herr, dass ich niemals durch einen Mann unrein geworden bin15und dass ich weder meinen Namen noch den Namen meines Vaters im Lande meiner Gefangenschaft befleckt habe. Ich bin das einzige Kind meines Vaters, und er hat kein anderes Kind, das ihn beerben könnte. Auch hat er weder einen Bruder noch Verwandten, dass ich mich am Leben erhalten müsste, um seine Frau zu werden. Schon sieben Männer sind mir gestorben! Was soll denn noch mein Leben? Wenn es dir noch nicht gefällt, mich sterben zu lassen, Herr, so achte doch auf meine Schmach! (5Mo 25,5)
Die Erhörung
16In derselben Stunde wurden beider Gebete von Gott in seiner Herrlichkeit erhört. (Apg 10,3)17Und Rafaël wurde gesandt, beide zu heilen: Tobit, indem er die weißen Flecken von seinen Augen löse, damit er mit seinen Augen das Licht Gottes sehe, und Sara, die Tochter Raguëls, indem er sie Tobias, dem Sohn des Tobit, zur Frau gebe und den bösen Geist Aschmodai von ihr löse. Denn mehr als allen anderen, die sie heiraten wollten, stand es Tobias zu, sie zur Frau zu nehmen. In jener Stunde ging Tobit vom Hof in sein Haus zurück, und auch Sara, die Tochter Raguëls, stieg aus ihrer Kammer herab. (Tob 12,15)