»Glaube(n)« ist ein vieldeutig schillerndes Wort. Im Sprachgebrauch der Bibel bezeichnet es nicht ein Wissen mit geringerem Sicherheitsgrad, sondern das unerschütterliche Vertrauen auf Gott und seine Heilszusagen. Von solchem Vertrauen kündet schon das Alte Testament (Gen 15,6; Ex 14,31; Ps 27,13-14; 116,10; Jes 7,9; 28,16), im Neuen wird es zum beherrschenden Thema. Es wird dort in verschiedener Weise entfaltet: (1) Jesus weckt in den Menschen, die ihm begegnen, das Vertrauen, dass er helfen, d.h. von den Mächten der Krankheit, der Besessenheit und Sünde befreien kann (Mk 2,5; 5,34; 9,23-24; 10,52; Mt 8,10; Lk 7,50). In Jesus spüren die Menschen Gottes Nähe, seine rettende Zuwendung; deshalb »glauben« sie ihm. (2) Bei Johannes begegnet Jesus den Menschen darüber hinaus mit dem direkten Anspruch, in ihm den von Gott gesandten Heilbringer zu erkennen und anzuerkennen: den Einen, in dem sich für die Menschen ewiges Leben oder ewiger Tod entscheiden (Joh 3,15-16; 6,47-51; 11,25-26). Es geht jedoch nicht darum, einen Glaubenssatz über Jesus für wahr zu halten (etwa, dass er der »Sohn Gottes« sei), sondern das Heil in entschiedenem Vertrauen anzunehmen, das er in Person ist (Ich-bin-Worte). (3) Bei Paulus steht nicht die Person von Jesus, sondern das Handeln Gottes durch und an Jesus im Mittelpunkt: Durch seinen Tod und seine Auferweckung hat Gott eine Heilswirklichkeit geschaffen, die allen Menschen zuteil wird, die sie in vertrauendem Glauben für sich gelten lassen. Seine Zuspitzung erhält der Glaube bei Paulus durch den strikten Gegensatz gegen die »Werke des Gesetzes«, durch die Absage an jeden Versuch, auf der Grundlage eigener Leistungen, und seien sie noch so »gottgefällig« (Röm 10,1-4; Phil 3,6-11), vor Gott bestehen zu wollen (Röm 3,21-30; Gerechtigkeit). Glaube bedeutet den rückhaltlosen Verzicht, vor Gott noch mit irgendetwas auftrumpfen zu wollen (rühmen), und ein Vertrauen, das schlechthin alles von Gottes Gnade erwartet (1Kor 4,7; 2Kor 12,9). (4) Beginnend schon zu Lebzeiten von Jesus (Mk 8,27-29), sich entfaltend in der Situation nach Ostern (Apg 2,36; Röm 10,9; 1Kor 15,1-5.11; 1Thess 4,14), nimmt Glaube auch die Gestalt des »Glaubens, dass ...« an, verstärkt durch die Auseinandersetzung mit Irrlehrern (1Joh 2,22-24; 4,2-3.15; 2Joh 7; Gnosis). Doch bleibt die Grundbedeutung von Glaube als Vertrauen auch hier immer erhalten. Es geht nicht in erster Linie um das Für-wahr-Halten bestimmter Tatsachen, sondern um das Sichgründen auf das Handeln Gottes, von dem die betreffenden Bekenntnissätze sprechen (vgl. für den Glauben an Gott als Schöpfer Röm 4,17 und Hebr 11,3).