1Ach, wie liegt sie einsam da, (Alef)[1] die Stadt, einst reich an Volk, nun einer Witwe gleich! Eine Grosse unter den Nationen, eine Fürstin unter den Provinzen, nun in Fronarbeit!2Bitter weint sie in der Nacht, (Bet) und ihre Tränen sind auf ihren Wangen, keinen hat sie, der tröstet, unter all denen, die sie geliebt haben; all ihre Freunde haben treulos an ihr gehandelt, sind nun ihre Feinde. (Jer 31,15; Kla 2,11; Kla 3,48)3Juda ist in die Verbannung gegangen (Gimel) seines Elends und der harten Arbeit wegen[2]; unter den Nationen weilt es, es findet keine Ruhe, alle seine Verfolger haben es eingeholt mitten in den Bedrängnissen. (5Mo 28,65; Kla 4,15)4Die Wege nach Zion trauern, (Dalet) denn da ist keiner, der zum Fest kommt, alle ihre[3] Tore sind verwüstet, ihre Priester seufzen, ihre Jungfrauen sind voller Kummer, und sie selbst ist voll von Bitterkeit. (Kla 2,6; Kla 5,15)5Ihre Gegner haben die Oberhand gewonnen, (He) ihre Feinde sind zufrieden, denn der HERR hat Jerusalem[4] in Kummer gestürzt, ihrer vielen Vergehen wegen. Gefangen mussten ihre Jüngsten vor dem Gegner hinziehen. (Kla 1,7; Kla 1,8; Kla 2,17)6Und all ihre Pracht ist aus der Tochter Zion fortgezogen, (Waw) ihre Fürsten sind wie Hirsche geworden, die keine Weide finden, und ohne Kraft sind sie weggelaufen vor ihren Verfolgern. (Kla 4,19; Kla 5,16)7Jerusalem erinnert sich (Sajin) in den Tagen ihres Elends und ihrer Heimatlosigkeit all ihrer Kostbarkeiten aus den Tagen vor der Zeit, da ihr Volk in die Hand des Gegners fiel und keiner da war, der ihr half. Die Gegner sahen sie, lachten darüber, dass es zu Ende war mit ihr. (Kla 3,19)8Schwer hat Jerusalem gesündigt, (Chet) darum ist sie zum Gespött geworden. All ihre Verehrer verachten sie, denn sie haben ihre Blösse gesehen. Sie selbst seufzt und hat sich abgewendet. (Jer 24,9; Kla 5,7)9Ihre Unreinheit klebt an ihren Säumen, (Tet) sie hat nicht bedacht, wie es mit ihr enden könnte, und ist entsetzlich heruntergekommen; da ist keiner, der sie tröstet. Sieh dir, HERR, mein Elend an, der Feind tut sich gross! (Jes 47,7; Kla 4,15)10Der Gegner hat seine Hand ausgestreckt (Jod) nach all ihren Kostbarkeiten. Sie musste mitansehen, wie Nationen in ihr Heiligtum kamen, denen du geboten hattest, nicht in deine Versammlung zu kommen! (2Kön 24,13; Jer 51,51)11Ihr ganzes Volk seufzt, sie suchen Brot, (Kaf) ihre Kostbarkeiten haben sie für Nahrung hergegeben, um wieder zu Kräften zu kommen. Sieh, HERR, und schau doch, wie verachtet ich nun bin! (Kla 2,19; Kla 4,4; Kla 5,10)12Euch bedeutet es nichts, (Lamed) euch allen, die ihr vorüberzieht auf dem Weg. Schaut her und seht, ob es einen Schmerz gibt wie den Schmerz, der mir zugefügt worden ist, mit dem der HERR mich in Kummer gestürzt hat am Tag seines glühenden Zorns. (Kla 4,11)13Aus der Höhe sandte er Feuer in meine Gebeine, (Mem) und dann zertrat er sie. Meinen Füssen hat er ein Netz gelegt, er hat mich zurückgedrängt, mich entsetzlich zugerichtet, er hat mich krank gemacht für alle Zeit. (Hi 19,6; Kla 2,3)14Das Joch meiner Vergehen lässt mir keine Ruhe, (Nun) zusammengefügt von seiner Hand. Man hat es auf meinen Nacken gelegt, das hat meine Kraft gebrochen. Der Herr hat mich jenen in die Hände gegeben, denen ich nicht standhalten kann. (Jer 28,14)15Wertlos machte der Herr alle meine Starken in meiner Mitte, (Samech) eine Festversammlung hat er gegen mich einberufen, um meine jungen Männer zu brechen. Der Herr trat die Kelter: die Jungfrau Tochter Juda! (Jes 63,3; Kla 2,21)16Darüber weine ich, (Ajin) mein Auge, mein Auge zerfliesst von Wasser, denn fern von mir ist, wer trösten könnte, mich wieder zu Kräften brächte. Entsetzlich sind meine Kinder zugerichtet worden, denn der Feind war überlegen! (Kla 1,2; Kla 1,5)17Zion hat ihre Hände ausgestreckt, (Pe) da ist keiner, der sie tröstet. Gegen Jakob hat der HERR ringsum dessen Gegner aufgeboten. Unter ihnen ist Jerusalem unrein geworden. (2Kön 24,2; Jer 15,5; Kla 1,2)18Gerecht ist er, der HERR, (Zade) ich aber war widerspenstig gegen sein Wort. Hört doch, all ihr Völker, und seht meinen Schmerz! Meine jungen Frauen und meine jungen Männer mussten in die Gefangenschaft! (Jer 4,17; Jer 13,17; Kla 3,42)19Ich rief nach denen, die mich geliebt haben, (Qof) sie haben mich im Stich gelassen, meine Priester und meine Ältesten sind umgekommen in der Stadt - sie hatten sich Nahrung gesucht, um wieder zu Kräften zu kommen. (Kla 1,2; Kla 1,11)20Sieh, HERR, dass ich in Not bin, (Resch) mein Inneres steht in Flammen, mein Herz dreht sich mir, denn ich war so widerspenstig! Draussen raubt das Schwert die Kinder, im Haus ist es wie tot. (5Mo 32,25; Jer 4,19; Kla 2,11)21Man hörte mich seufzen, (Schin) da war keiner, der mich tröstete. Alle meine Feinde haben von meinem Unglück gehört, sie haben sich gefreut, dass du es warst, der es getan hat! Bringst du den Tag, den du ausgerufen hast, wird es ihnen ergehen wie mir! (Jer 30,7; Kla 1,5)22All ihre Bosheit soll vor dich kommen, (Taw) dann verfahre mit ihnen wie du mit mir verfahren bist all meiner Vergehen wegen! Denn zahlreich sind meine Seufzer, und mein Herz ist krank. (Jer 5,17; Jer 8,18; Jer 51,35)
Klagelieder 1
Lutherbibel 2017
Jerusalem klagt und fleht um Hilfe
1Ach, wie liegt die Stadt so verlassen, die voll Volks war! Sie ist wie eine Witwe, die Fürstin unter den Völkern, und die eine Königin in den Ländern war, muss nun dienen. (Jer 51,5)2Sie weint des Nachts, dass ihr die Tränen über die Backen laufen. Es ist niemand unter allen ihren Liebhabern, der sie tröstet. Alle ihre Freunde sind ihr untreu und ihre Feinde geworden. (Ps 69,21)3Juda ist gefangen in Elend und schwerem Dienst, es wohnt unter den Völkern und findet keine Ruhe; alle seine Verfolger kommen heran in Bedrängnissen.4Die Straßen nach Zion liegen wüst, weil niemand auf ein Fest kommt. All ihre Tore stehen öde, ihre Priester seufzen, ihre Jungfrauen sehen jammervoll drein, und sie ist betrübt.5Ihre Widersacher sind obenauf, ihren Feinden geht’s gut; denn der HERR hat über sie Jammer gebracht um ihrer großen Sünden willen, und ihre Kinder sind gefangen vor dem Feind dahingezogen.6Es ist von der Tochter Zion aller Schmuck dahin. Ihre Fürsten sind wie Hirsche, die keine Weide finden und matt vor dem Verfolger herlaufen.7Jerusalem denkt in dieser Zeit, da sie elend und verlassen ist, wie viel Gutes sie von alters her gehabt hat, wie aber all ihr Volk darniedersank unter des Feindes Hand und ihr niemand half. Ihre Feinde sehen auf sie herab und spotten über ihren Untergang.8Jerusalem hat sich versündigt; darum muss sie sein wie eine unreine Frau. Alle, die sie ehrten, verschmähen sie jetzt, weil sie ihre Blöße sehen; sie aber seufzt und hat sich abgewendet. (Hes 16,37)9Ihr Unflat klebt an ihrem Saum. Sie hätte nicht gemeint, dass es ihr zuletzt so gehen würde. Sie ist ja gräulich heruntergestoßen und hat dazu niemand, der sie tröstet. »Ach, HERR, sieh an mein Elend; denn der Feind triumphiert!«10Der Feind hat seine Hand gelegt an alle ihre Kleinode. Ja, sie musste zusehen, dass die Heiden in ihr Heiligtum gingen, während du geboten hast, sie sollten nicht in deine Gemeinde kommen. (5Mo 23,4; Jer 52,17)11Alles Volk seufzt und geht nach Brot, es gibt seine Kleinode um Speise, um sein Leben zu erhalten. »Ach, HERR, sieh doch und schau, wie verachtet ich bin!«12Euch allen, die ihr vorübergeht, sage ich: »Schaut doch und seht, ob irgendein Schmerz ist wie mein Schmerz, der mich getroffen hat; denn der HERR hat Jammer über mich gebracht am Tage seines grimmigen Zorns.13Er hat ein Feuer aus der Höhe in meine Gebeine gesandt und lässt es wüten. Er hat meinen Füßen ein Netz gestellt und mich rückwärts fallen lassen; er hat mich zur Wüste gemacht, dass ich für immer siech bin.14Schwer ist das Joch meiner Sünden; durch seine Hand sind sie zusammengeknüpft. Sie sind mir auf den Hals gekommen, sodass mir alle meine Kraft vergangen ist. Der Herr hat mich in die Gewalt derer gegeben, gegen die ich nicht aufkommen kann.15Der Herr hat zertreten alle meine Starken, die ich hatte; er hat gegen mich ein Fest ausrufen lassen, um meine junge Mannschaft zu verderben. Der Herr hat die Kelter getreten der Jungfrau, der Tochter Juda. (Jes 63,3)16Darüber weine ich so, und mein Auge fließt von Tränen; denn der Tröster, der meine Seele erquicken sollte, ist ferne von mir. Meine Kinder sind dahin; denn der Feind hat die Oberhand gewonnen.«17Zion streckt ihre Hände aus, und doch ist niemand da, der sie tröstet; denn der HERR hat gegen Jakob seine Feinde ringsum aufgeboten, sodass Jerusalem zwischen ihnen sein muss wie eine unreine Frau.18»Der HERR ist gerecht, denn ich bin seinem Worte ungehorsam gewesen. Höret, alle Völker, und schaut meinen Schmerz! Meine Jungfrauen und Jünglinge sind in die Gefangenschaft gegangen. (Kla 3,42; Kla 5,16)19Ich rief meine Freunde, aber sie ließen mich im Stich. Meine Priester und meine Ältesten sind in der Stadt verschmachtet, sie gehen nach Brot, um ihr Leben zu erhalten.20Ach, HERR, sieh doch, wie bange ist mir, dass mir’s im Leibe davon wehtut! Mir dreht sich das Herz im Leibe um, weil ich so ungehorsam gewesen bin. Draußen hat mich das Schwert und im Hause hat mich der Tod meiner Kinder beraubt.21Man hört’s wohl, dass ich seufze, und doch habe ich keinen Tröster; alle meine Feinde hören mein Unglück und freuen sich, dass du es gemacht hast. Du hast den Tag kommen lassen, den du verkündet hast, – aber ihnen soll es gehen wie mir. (Kla 4,21)22Lass alle ihre Bosheit vor dich kommen und richte sie zu, wie du mich zugerichtet hast um aller meiner Missetat willen; denn meiner Seufzer sind viel, und mein Herz ist betrübt.«