(gerecht) Im Gegensatz zum deutschen Begriff »Gerechtigkeit«, der auf die Erfüllung einer formalen Rechtsnorm zielt, geht es beim biblischen Verständnis von »Gerechtigkeit« immer um die Beziehung zwischen Personen, die in dem »rechten«, beiden Seiten gerecht werdenden Verhältnis zueinander stehen sollen. Gerecht ist, wer sich der idealen Form einer solchen Beziehung - sei es zwischen Menschen oder zwischen Gott und Mensch - »entsprechend« verhält. Im Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk ist die Grundlage der gegenseitigen Beziehung der Bund, in dem Gott den Menschen Heil zusagt und dafür von ihnen Dank und Gehorsam erwartet (Ps 50,5-6). Gottes »Gerechtigkeit« ist demnach seine Treue und Verlässlichkeit, die Einlösung seiner Zusagen, sein rettendes, heilschaffendes Handeln (Ps 36,6-8). Die Übersetzung verwendet dafür im Allgemeinen nicht das missverständliche Wort »Gerechtigkeit«, sondern drückt das Gemeinte direkt und eindeutig aus, z.B. Treue (Ps 7,18; 40,11; 71,16.19), Einlösung von Versprechen (Ps 11,7; 103,6), rettendes Eingreifen (Jes 45,8; 59,16). Vom Menschen her ist »Gerechtigkeit« zentral die Erfüllung der Gebote Gottes. In diesem Sinn - als Gehorsam gegen Gott und sein Gesetz - versteht auch Jesus bei Matthäus das Wort. Vor allem in der Bergpredigt geht es ihm darum, dass der Wille Gottes im Gesetz radikal erfasst und erfüllt wird (Mt 5,6.17-20; vgl. 3,15). Bei Paulus liegt alles Gewicht darauf, dass der allein auf sich selbst gestellte Mensch mit seinem Bemühen um die »Gerechtigkeit« letztlich scheitern muss (Röm 7,7-25; Gal 3,10-12). Paulus hat erkannt, dass Gott durch Tod und Auferstehung von Jesus einen neuen Weg zur »Gerechtigkeit« geschaffen hat: den Weg des vertrauenden Glaubens. Weil der Mensch trotz allen Strebens nach dem Guten von sich aus nicht fähig ist, Gottes Willen zu erfüllen, ist Gott bereit, ihm den Gehorsam des Menschen Jesus Christus anzurechnen (Röm 4,25; 1Kor 1,30). Wer für sich Gottes Urteil über die Sünde anerkennt und den stellvertretenden Tod von Jesus für sich gelten lässt, gilt vor Gott als »gerecht« (Röm 3,19-28). Auf der Grundlage dieser geschenkten Gerechtigkeit, von ihr im Innersten angerührt und verwandelt, ist der Mensch dann auch fähig, den Willen Gottes zu tun (Röm 6,1-23).