Weisheit 7 | Einheitsübersetzung 2016

Weisheit 7 | Einheitsübersetzung 2016

Hymnische Beschreibung der Weisheit und eines Lebens mit ihr

1 Auch ich bin ein sterblicher Mensch wie alle anderen, / Nachkomme des ersten, aus Erde gebildeten Menschen. Im Schoß der Mutter wurde ich zu Fleisch geformt, / 2 in zehn Monaten in Blut verfestigt / aus dem Samen eines Mannes nach lustvollem Beischlaf. 3 Geboren atmete auch ich die gemeinsame Luft, / ich fiel auf die Erde, die Gleiches von allen erduldet, / und Weinen war mein erster Laut wie bei allen. 4 In Windeln und mit Sorgen wurde ich aufgezogen; / 5 kein König trat anders ins Dasein. 6 Alle haben den gleichen Eingang zum Leben, / gleich ist auch der Ausgang. 7 Daher betete ich und es wurde mir Klugheit gegeben; / ich flehte und der Geist der Weisheit kam zu mir. 8 Ich zog sie Zeptern und Thronen vor, / Reichtum achtete ich für nichts im Vergleich mit ihr. 9 Einen unschätzbaren Edelstein stellte ich ihr nicht gleich; / denn alles Gold erscheint neben ihr wie ein wenig Sand / und Silber gilt ihr gegenüber so viel wie Lehm. 10 Mehr als Gesundheit und Schönheit liebte ich sie / und zog ihren Besitz dem Lichte vor; / denn niemals erlischt der Glanz, der von ihr ausstrahlt. 11 Zugleich mit ihr kam alles Gute zu mir, / unzählbare Reichtümer waren in ihren Händen. 12 Ich freute mich über sie alle, / weil die Weisheit lehrt, sie richtig zu gebrauchen, / wusste aber nicht, dass sie auch deren Ursprung ist. 13 Uneigennützig lernte ich und neidlos gebe ich weiter; / ihren Reichtum verberge ich nicht bei mir. 14 Ein unerschöpflicher Schatz ist sie für die Menschen; / die ihn erwerben, erlangen die Freundschaft Gottes. / Sie sind empfohlen durch die Gaben der Bildung. 15 Mir aber gewähre Gott, nach meiner Einsicht zu sprechen / und zu denken, wie die empfangenen Gaben es wert sind; denn er ist der Führer der Weisheit / und hält die Weisen auf dem rechten Weg. 16 Wir und unsere Worte sind in seiner Hand, / auch alle Klugheit und praktische Erfahrung. 17 Er verlieh mir untrügliche Kenntnis der Dinge, / den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente zu verstehen, 18 Anfang und Ende und Mitte der Zeiten, / die Abfolge der Sonnenwenden und den Wandel der Jahreszeiten, 19 den Kreislauf der Jahre und die Stellungen der Sterne, 20 die Natur der Tiere und die Wildheit der Raubtiere, / die Gewalt der Geister und die Gedanken der Menschen, / die Verschiedenheit der Pflanzen und die Kräfte der Wurzeln. 21 Alles Verborgene und alles Offenbare habe ich erkannt; / denn es lehrte mich die Weisheit, die Werkmeisterin aller Dinge. 22 In ihr ist nämlich ein Geist, vernunftvoll, heilig, / einzigartig, mannigfaltig, zart, / beweglich, durchdringend, unbefleckt, / klar, unverletzlich, das Gute liebend, scharf, 23 nicht zu hemmen, wohltätig, menschenfreundlich, / fest, sicher, ohne Sorge, alles vermögend, alles überschauend / und alle Geister durchdringend, / die gedankenvollen, reinen und zartesten. 24 Die Weisheit ist beweglicher als alle Bewegung; / in ihrer Reinheit durchdringt und durchwaltet sie alles. 25 Sie ist ein Hauch der Kraft Gottes / und reiner Ausfluss der Herrlichkeit des Allherrschers; / darum dringt nichts Verunreinigtes in sie ein. 26 Sie ist der Widerschein des ewigen Lichts, / der ungetrübte Spiegel von Gottes Kraft, / das Bild seiner Güte. 27 Sie ist nur eine und vermag doch alles; / ohne sich zu ändern, erneuert sie alles. Von Geschlecht zu Geschlecht tritt sie in heilige Seelen ein / und schafft Freunde Gottes und Propheten; 28 denn Gott liebt nur den, / der mit der Weisheit zusammenwohnt. 29 Sie ist schöner als die Sonne / und übertrifft jedes Sternbild. / Sie erweist sich strahlender als das Licht; 30 denn diesem folgt die Nacht, / doch über die Weisheit siegt keine Schlechtigkeit.